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Generalkonsul Liang Jianquan spricht mit FAZ über chinesisch-deutschen Beziehungen und Chinas Seidenstraße-Initiative

2015-05-28

Am 27. Mai veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung das Interview mit Herrn Generalkonsul Liang Jianquan über die Beziehungen zwischen China und Deutschland, die Aufgaben des Generalkonsulats, die in Frankfurt lebenden Chinesen und das Initiative Chinas über den Aufbau von "Ein Gürtel und eine Straße". Das Interview hat folgenden Wortlaut:

Herr Generalkonsul, wissen Sie wie viel Chinesen in Frankfurt leben?

Nach der deutschen Statistik arbeiten und studieren rund 5000 chinesische Staatsbürger in der Metropolregion Frankfurt, in ganz Hessen sind es gut 10.000. Viele davon haben sich nach dem Studium hier in Deutschland niedergelassen. Aber es kommen auch immer mehr chinesische Unternehmen nach Frankfurt und beschäftigen Chinesen. Generell erfährt die unternehmerische Tätigkeit Chinas im Rhein-Main-Gebiet in der letzten Zeit eine schnelle und erfreuliche Entwicklung. Der Wirtschaftsförderung Hessen zufolge kam im vergangenen Jahr ein Drittel der neu gegründeten ausländischen Unternehmen in der Region aus China.

Betrifft das bestimmte Branchen?

Zu den Schwerpunkten der chinesischen Investitionen gehört vor allem der Bankensektor. Die fünf größten chinesischen Banken haben bis 2013 Niederlassungen in Frankfurt eröffnet. Und die Geschäftsentwicklung ist, soweit ich weiß, momentan sehr gut. Beispielhaft ist die Bank of China: Der Geschäftsführer hat mir erzählt, dass die Bank vor drei Jahren noch 70 Mitarbeiter hatte – jetzt sind es knapp 250. Das zeigt den großen Stellenwert, den Frankfurt für die chinesischen Banken hat. Aber auch Frankfurt profitiert davon: Der chinesische Bankensektor hat 2014 knapp 50 Millionen Euro Steuern gezahlt und beschäftigt viele Ortskräfte. Es gibt die Vorurteile, dass chinesische Unternehmen nur Rendite im Kopf haben und eher asozial wirken wollen. Wir als die Vertretung der chinesischen Regierung haben aber immer versucht, den chinesischen Unternehmen den hohen Stellenwert der sozialen Verantwortung und Integrationsbereitschaft verständlich zu machen. Ich sage immer, sie sollen sich hier nicht nur als chinesische, sondern auch als deutsche Unternehmen betrachten und auch so handeln.

Und wie sieht es mit chinesischen Industrieunternehmen in der Region aus?

Dank seiner zentralen Lage ist Frankfurt die erste Wahl für Unternehmen, die ihr europäisches Geschäft vor Ort pflegen und von Frankfurt aus agieren möchten. Dazu gehören Energiekonzerne wie Sinopec, Technologiefirmen wie Huawei und Maschinenbauer wie Weichai in Wiesbaden. Außerdem haben wir hier eine Investitionsförderungsvertretung, eine Tourismusvertretung, Außenhandelsunternehmen, Gastronomie, Reisebüros und chinesische Fluglinien. Die drei wichtigsten Gesellschaften – Air China, China Eastern Airlines und China Southern Airlines – bieten jede Woche 68 Direktverbindungen zwischen Frankfurt und China. Das ist eine stabile Luftbrücke.

Mit der kommen auch sehr viele Touristen aus China nach Frankfurt.

Ja, laut hessischem Wirtschaftsministerium haben 2014 etwa 200.000 Chinesen in Hessen übernachtet, und nach der Statistik des chinesischen Fremdenverkehrsamts haben 2014 mehr als 480.000 chinesische Touristen Deutschland als erste Destination bereist. Frankfurt als Hauptverkehrsknotenpunkt hat sicher einen großen Teil davon angezogen.

Warum ist Frankfurt so attraktiv?

Das Rhein-Main-Gebiet ist vor allem dank der sehr günstigen Verkehrsanbindung konkurrenzfähig. Zweitens spielt der Finanzplatz eine große Rolle. Und schließlich würde ich sagen, dass die Werbung der Stadt Frankfurt seit Jahren in China durchaus wirksam ist. Flughafen, Skyline, Goethehaus und Börse schaffen gemeinsam ein Image, das in China gut ankommt.

Und die Chinesen kaufen in Frankfurt viel ein. Was ist besonders beliebt?

Vor allem Küchengeräte, Töpfe, Messer, Koffer, Kosmetik und Markenartikel, denn diese Dinge sind hier günstiger und von guter Qualität. Im Schnitt gibt jeder Chinese in Deutschland pro Tag und Kopf mehr als 500 Euro aus.

Die chinesischen Touristen sind im Stadtbild inzwischen sehr präsent. Das Generalkonsulat und seine Mitarbeiter schotten sich dagegen ab. Warum?

Das Generalkonsulat ist stets bemüht gewesen, am gesellschaftlichen Leben in Frankfurt teilzunehmen. Mein Terminkalender ist äußerst voll.

Und die hohen Zäune?

Die Zäune sind übliche Sicherheitsmaßnahmen, wie es sie zum Beispiel auch an der deutschen Botschaft in Peking gibt. Sie sollen nicht als Trenn

ung oder gar Abschottung gegenüber den Menschen und der direkten Nachbarschaft wahrgenommen werden. Aus Anlass des zehnten Jahrestages der Eröffnung unserer Vertretung in Frankfurt werden wir deshalb am 27. Juni einen Tag der offenen Tür veranstalten. Wir hoffen auf viele Besucher und bitten um vorherige Anmeldung per Email an tagderoffenentuerchina@gmail.com.

Wie viele Mitarbeiter hat das Konsulat?

Wir haben etwa 40 Mitarbeiter in fünf Abteilungen: konsularische Angelegenheiten, Politik und Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaft und Handel, Bildung und Kultur sowie Verwaltung.

Was sind die Aufgaben des Konsulats?

Die Förderung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und überhaupt der bilateralen Beziehungen ist uns sehr wichtig. Der Schwerpunkt sind aber natürlich die konsularischen Aufgaben, sprich die Erteilung und Ausstellung von Visa, Reisepässen, Dokumenten und Urkunden sowie den konsularischen Schutz für unsere Landsleute in unserem Amtsbereich, also in den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Baden-Württemberg und bis zur Eröffnung unseres Generalkonsulats in Düsseldorf Anfang dieses Jahres auch Nordrhein-Westfalen. Vor allem die Hilfe für Touristen in Not hat in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen, weil so viele Chinesen nach Deutschland reisen. Dabei geht es um gestohlene oder verlorene Reisedokumente und Portemonnaies, aber auch um Unfälle und Krankheitsfälle.

Sind unter den chinesischen Touristen auch Individualreisende?

Der Großteil ist mit Gruppenreisen unterwegs, aber es ist zu wünschen, dass mehr Einzelreisende nach Deutschland kommen. Das Problem liegt nicht auf der chinesischen Seite, es sind eher die strengen europäischen Visa-Regelungen.

Und wie sieht es umgekehrt mit den chinesischen Bestimmungen aus?

Wir erteilen hier in Frankfurt jedes Jahr etwa 150.000 Visa, mehr als unsere Botschaft in Berlin. Und dabei sind wir viel großzügiger als die Schengenstaaten gegenüber Chinesen.

Ein Kollege von mir, der Mitte November zu einer Musical-Aufführung nach Shanghai reisen wollte, hat keine Visum bekommen. Liegt das daran, dass er einen Artikel über die in China verbotene Falun-Gong-Bewegung geschrieben hat?

Also, generell sind Journalisten bei uns herzlich willkommen. Aber es gibt natürlich Regeln, die zu beachten sind. Den Fall Ihres Kollegen kenne ich nicht, doch wir können ihn gerne prüfen. Insgesamt wünschen wir uns, dass es mehr objektive Berichterstattung von beiden Seiten gibt, denn die Medien spielen bei der Verständigung zwischen Deutschland und China eine wichtige Rolle.

Wie steht es denn insgesamt um die deutsch-chinesischen Beziehung?

Oh, dazu gibt es viel zu sagen: Die Entwicklung ist sehr gut, beide Länder sind für einander die größten Handelspartner als auch die wichtigste Kooperationspartner in der jeweiligen Region. Es gibt mehr als 60 regelmäßige Dialogformate zwischen den Regierungen. Mehr als 8000 deutsche Unternehmen sind in China tätig, 2200 chinesische Firmen haben sich in der Bundesrepublik angesiedelt, 500 davon im Rhein-Main-Gebiet. Es gibt mehr als 70 Städte- und Provinzpartnerschaften, darunter zwischen Frankfurt und Guangzhou. Ein wichtiger Impuls war zudem der Start des ersten Renminbi-Offshore-Centers der Eurozone im vergangenen August zum Handel mit der chinesischen Währung. Frankfurt spielt gerade in diesem Prozess eine führende Rolle. Wir sind sehr froh über diese positive Entwicklung und freuen uns über die Unterstützung der Bundes-, der Landes- und der Frankfurter Stadtregierung.

Was verspricht sich China von seiner Seidenstraße-Initiative? Kann Frankfurt davon profitieren?

Die Seidenstraße ist historisch nicht nur ein wichtiger Handelsweg gewesen, sondern hat auch eine große Rolle für den wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Austausch zwischen Ost und West gespielt. Es war in der Geschichte eine Straße des Friedens, der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Entwicklung. Diesem Geist will die chinesische Regierung neue Dynamik verleihen. 2013 hat Staatspräsident Xi Jinping das Konzept eines Wirtschaftsgürtels entlang der historischen Seidenstraße und einer maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts vorgestellt. Ziel ist es, die Zusammenarbeit der Länder in Asien, Europa, Afrika und der Welt zu intensivieren, um Prosperität, Frieden und Freundschaft zu fördern. Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist dabei ein wichtiger Schwerpunkt, weitere sind die Liberalisierung des Handels und die Erleichterung von Investitionen. Dafür hat China den Seidenstraßen-Fonds mit 40 Milliarden Dollar aufgelegt, und die Gründung der Asiatischen Investitionsbank mit einem Kapital von 100 Milliarden Dollar macht konkrete Fortschritte.

China würde die Beteiligung der europäischen Länder begrüßen, zweifelsohne auch Deutschlands. Die Unternehmen beider Länder könnten sich ergänzen und gemeinsam Märkte für Infrastrukturprojekte entlang des Wirtschaftsgürtels erschließen. Der Aufbau des Seidenstraße-Wirtschaftsgürtels bedeutet für die Metropolregion Frankfurt noch mehr Chancen und Erleichterung in Wirtschafts- und Handelszusammenarbeit sowie Personalverkehr mit China und wird zugleich zu noch intensiverer Völkerverständigung beitragen.

(Quelle: Frankfurter Allgemeine, den 27. Mai 2015)

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